Der Allgäuer Gauverband

Im 19. Jahrhundert wurde das Königshaus der Wittelsbacher zu einem großen Förderer des Trachtenbewußtseins, da sie zu mehreren Familienfesten das Volk in Tracht dazu einlud. König Maximilian II sah 1849 in der Erhaltung der Trachten eine „große Wichtigkeit, um auch in Bayern das Nationalgefühl des Volkes zu heben und zu kräftigen“. Durch den frühen Tod des Königs, den Krieg von 1870/71 sowie dem Modeeinfluss der französischen Revolution gab es einen starken Rückgang der Volkstrachten, so dass auf den Volksschullehrer Josef Vogl im Jahre 1883 die Gründung des ersten bayerischen Trachtenvereines zurückgeht mit dem satzungsmäßigen Vereinszweck: Wiederauffrischung der im Verschwinden begriffenen kleidsamen Volkstracht.

Gründung

Dieses Bewußtsein verbreitete sich nunmehr in ganz Bayern und der erste Trachtenverein im gesamten Allgäu entstand am 24. Sept. 1898 in Immenstadt (jetzt: „D`Illertaler“ Untermaiselstein). Nach mehreren weiteren Vereinsgründungen in der gesamten Region wurde zur verbesserten Zusammenarbeit am 24. März 1912 in Kempten im Gasthaus zur „Rosenau“ der Allgäuer Gauverband mit Sitz in Immenstadt gegründet.
Gründungsmitglieder waren die Vereine:

  • D`Illertaler Immenstadt 1898
  • D`Achtaler Pfronten 1901
  • D`Stoinebergler Immenstadt 1905
  • D`Unterillertaler Kempten 1907
  • Bayrisch Bodenseer Lindau 1907
  • D`Berglerbuam Blaichach 1909
  • Edelweiß Sonthofen 1911
  • Schwäbischer Rigi Stötten a.A. 1911
  • Alpspitzler Nesselwang 1912
  • Edelweiß Kempten 1912

Um die Trachtenbewegung im Allgäu zu stärken, feierte die neue Gemeinschaft gemeinsame Feste, die die Freude an der Tracht in der gesamten Region dokumentierte. Am 14./15. Juni 1913 war der Volkstrachten-Erhaltungsverein „D`Illertaler Immenstadt Ausrichter des 1. Gaufestes. Neben einem Festzug wurden unterschiedliche Wettbewerbe durchgeführt und Trachtenpreise, Plattlerpreise und Gesangspreise verliehen.

Zweck und Aufgaben

Die Vereine des Allgäuer Gauverbandes setzen sich ein für…

  • …die Erhaltung, Pflege, Verbreitung und Förderung der bodenständigen Gebirgs- und Heimattrachten im Gaugebiet;
  • …natürliche und geschichtliche Eigenarten des Allgäuer Volkes in seinen guten Sitten und eines christlichen Menschenbildes zu pflegen und zu erhalten;
  • …das bodenständige Volksgut im Tanz, im Lied, in der Musik, in der Mundart, im Laienspiel und anderer kultureller Eigenarten im Gaubereich zu pflegen, zu erhalten und zu fördern;
  • …die Jugend mit den Grundsätzen der Heimat- und Brauchtumspflege vertraut zu machen und in die Tätigkeitsbereiche des Gauverbandes einzuführen;
  • …die Ziele der Heimatpflege zu fördern und heimatgeschichtliche Zeugnisse zu bewahren und zu schützen.

Mitgliederentwicklung

Durch die Gründung weiterer Trachtenvereine nach dem 1. Weltkrieg stieg die Mitgliederzahl bis 1939 auf 42 Vereine. Viele Informationen aus dieser Zeit stehen nicht mehr zur Verfügung, seit die mit Tinte geschriebenen Gründungsprotokollbücher bei einer Kellerüberflutung vernichtet wurden.
Nach dem 2. Weltkrieg entstanden weitere Vereine, so dass die Mitgliederzahl im Jahre 2001 auf bis zu 54 Vereine mit insgesamt ca. 6.100 Mitgliedern anwuchs.

Eingeleitet durch die Gründung einer Interessengemeinschaft im oberen Allgäu im Jahre 1968 wurden die Bestrebungen zum selbständigen Beitritt dieses Verbandes in den Bayerischen Trachtenverband verstärkt und im Jahre 2002 vollzogen. Dadurch gaben sieben Vereine südlich von Immenstadt mit insgesamt ca. 1.500 Mitgliedern die Mitgliedschaft zurück. Drei Vereine sind zusätzlich zur IG Tracht Oberallgäu weiterhin beim Allgäuer Gauverband als Zweitmitglied (Blaichach, Tiefenbach/SF und Wertach). Derzeit hat der Allgäuer Gauverband 45 Mitgliedsvereine mit ca. 4.500 Mitgliedern und zusätzlich drei Vereine als Zweitmitglieder. Da eine Vereinsmitgliedschaft erst ab dem Alter von 16 Jahren gerechnet wird, kommen weitere ca. 1.800 Kinder und Jugendliche zur offiziellen Mitgliederstatistik hinzu.
Das Gebiet der Mitgliedsvereine erstreckt sich von Pfronten bis Lindenberg und von Immenstadt bis Bad Grönenbach. Entsprechend der regionalen Gegebenheiten bieten drei Gebiete (mit jeweils einem Gebietsvertreter) mit jeweils zwischen 15 – 18 Vereinen eine zusätzliche Zusammenarbeit, z.B. durch die jährlich wechselnde Organisation eines Gebiets-Brauchtumsabend, an dem alle Vereine eines Gebietes mitwirken.

Weitere Informationen

In der Regel findet alljährlich ein Gautrachtenfest fest, bei dem in einem Festheimatabend sowie am Festsonntag (Gottesdienst, Jugendauftritte, Festzug, Ehrenplattler) die Trachtler sich zur regionalen, farbenfrohen „Demonstration“ treffen. Der Festzug umfaßt regelmäßig zwischen 3.000 und 4.000 Trachtler und Musikanten; ca. 15 – 20 Festwägen mit örtlichen Bauwerken oder alten Handwerksberufen bereichern den Festzug. Um bei Festlichkeiten, aber auch bei Traueranlässen, dem Allgäuer Gauverband eine optische Mitte zu verleihen, wurde eine Gaustandarte gestickt und im Rahmen des Gaufestes in Kranzegg am 27. Juli 1986 feierlich geweiht. Seit 1984 findet alljährlich am dritten Sonntag im Mai eine Gautrachtenwallfahrt nach „Maria Trost“ oberhalb Nesselwang statt. Zum 20-jährigen Jubiläum zelebrierte Weihbischof Dr. Dr. Losinger den Festgottesdienst in der Pfarrkirche St. Andreas in Nesselwang. Mehrere Tagungen des Bayerischen Trachtenverbandes wurden in Immenstadt abgehalten und vom Allgäuer Gauverband organisiert, so z.B. die Gauführerkonferenz 1958, die Frühjahrstagung der Vereinigten Bayerischen und Südwestdeutschen Trachtenverbände 1973 und die Tagung der Vereinigten Bayerischen Trachtenverbände 1988 und 2006 in Nesselwang.

„Sitt und Tracht der Alten, wollen wir erhalten“

„Treu dem guten alten Brauch“